„Viele kleine Menschen, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können die Welt verändern“. (Afrikanisches Sprichwort).
Gerade jetzt, wo eine Krise die nächste ablöst und ich mich oft ohnmächtig fühle hilft es mir, kleine Dinge, die in meiner Macht stehen, anzupacken. Mit den Werkzeugen, die mir zur Verfügung stehen, mit Freude und Neugier.
Wir sind ein vier Personen Haushalt, und morgens ist ein Gang ganz selbstverständlich der mit der Mülltüte zur gelben Tonne. Jeden. Tag. Und die Tonne kann keinen Tag später abgeholt werden – sie quillt nämlich über. Das Absurde? Die ganzen Plastikverpackungen sehen das Innere meiner Küche nur für wenige Sekunden. Ich bin eine praktisch veranlagte Ästhetin und fülle die gekauften Produkte wann immer möglich sofort in Gläser oder Dosen um. So muss ich mir keine Gedanken machen, wie ich die offene Packung Reis wiederverschließe und zudem stehen die befüllten Bügelgläser dekorativ und griffbereit in meinem Küchenregal. Nach jedem Einkauf auspacken und umfüllen. Immer wieder der Weg zum Mülleimer. Das muss doch auch anders gehen.
Ja, der Gedankenprozess, der mich schließlich in den Unverpackt Laden geführt hat, war eher egoistisch. Was ich dort gefunden habe, war noch viel mehr.
Ich esse gerne. Ich esse gerne gut. Es macht mir Freude, Essen zuzubereiten und es dann zu genießen. Schon lange kaufe ich wann immer möglich Produkte in Bioqualität und achte auf Herkunft und faire Arbeitsbedingungen in der Herstellung. Im Unverpackt Laden finde ich Produkte, die mir Freude bereiten in hervorragender Qualität. Ich finde dort Produkte, die ich gar nicht gesucht habe, oder die ich noch nicht kannte. Fast immer komme ich darüber in ein Gespräch mit der Inhaberin oder den Mitarbeiter*innen, die mich bei jedem Besuch herzlich begrüßen.
Ein Besuch im Unverpackt Laden dient für mich schon lange nicht mehr nur dem reinen Konsum. Ich lasse mich inspirieren, fachsimple mit anderen Kund*innen – über die beste Art, Hummus zuzubereiten oder wie lecker der neue Aperitiv der kleinen Manufaktur um die Ecke schmeckt. Das Einkaufen dort entschleunigt mich. Ich mag die ruhige Atmosphäre, ich mag die kleine, durchdachte und mit Herz und Verstand zusammengestellte Produktpalette. Ich mag die persönliche Ansprache, die flexible Beratung und Begleitung und Unterstützung.
Am Anfang war ich unsicher, es war mir peinlich, zu fragen, wie die Kaffeemühle funktioniert oder wie genau ich den Hahn am Shampoospender drehen muss. Ich bin froh, die Hemmschwelle überwunden zu haben, denn mir wurde alles freundlich und geduldig erklärt. Und was ich mich scheue selbst abzufüllen, übernehmen die Mitarbeitenden für mich.
Unverpackt einkaufen. Das ist natürlich der eigentliche Sinn. Ich nehme meine schönen und praktischen Behältnisse gleich mit und kaufe einfach genau so viel Produkt, wie ich benötige. Es ist angenehm, flexibel Größen und Mengen wählen zu können und nicht abhängig davon zu sein, welche Verpackungsgrößen Hersteller für sinnvoll halten. Ich plane dadurch meine Mahlzeiten und verschwende weniger. Ich muss mir weniger bis gar keine Zeit nehmen, Produkte zu vergleichen oder Angaben auf Packungen zu studieren, denn diese ganze Vorarbeit leistet die Inhaberin des Unverpackt Ladens meines Vertrauens. Ich darf nur noch zugreifen.
Und ja, es gibt mir ein gutes Gefühl, so zu konsumieren. Ich weiß, wo mein Geld hingeht. Ich werfe es keinen großen Konzernen in den Rachen, sondern schaue regelmäßig den Menschen in die Augen, deren Leben ich durch meinen Einkauf dort finanziere. Durch meinen Kassenzettel gebe ich einen Stimmzettel ab FÜR faire Arbeitsbedingungen überall, FÜR Menschen, die in der Herstellung der Produkte wertschätzend mit der Natur umgehen, FÜR kurze Lieferwege, FÜR einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen, FÜR Menschlichkeit in Unternehmen statt Riesenkonzernen – FÜR eine bessere Welt. Und höher als im vergleichbaren verpackten Supermarkt ist der Kassenzettel übrigens auch nicht. Unverpackt Einkaufen scheint ein kleiner Beitrag zu sein – aber es ist MEIN Beitrag. Ich verändere jeden Tag die Welt. Meine Welt. Und, Ihr erinnert Euch, wenn viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten…
Ein Text von meiner Schwester Conny Casey-Buschmeier.
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